Im Rahmen der Evaluation der AÜG - Regelungen und durch anstehende Verfahren beim BAG und EUGH wird geprüft, ob und wie weit die EU-Richtline zur Zeitarbeit in Deutschland korrekt umgesetzt wurde. Dabei stehen neben gesetzlichen auch einige tariflichen Regelungen auf dem "Zettel".
Zusammengefasste Kernpunkte der EU-RICHTLINIE zur Leiharbeit:
In der EU-Richtlinie zur Leiharbeit ist die Gleichstellung (Equal Treatment) als Grundsatz festgelegt. Die Mitgliedsstaaten können davon abweichen, wenn Zeitarbeitnehmer mit dem Zeitarbeitarbeitgeber einen unbefristeten Vertrag abgeschlossen haben und der Zeitarbeitnehmer die Zeit zwischen den Überlassungen bezahlt bekommt.
Es kann vom Grundsatz der Gleichstellung durch Tarifverträge abgewichen werden, wenn der Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern in Bezug auf die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Leiharbeit-nehmern beachtet wird. Außerdem kann eine Wartezeit bis zur Gleichstellung vereinbart werden.
Daraus ergeben sich folgende Fragen, die im Rahmen einen Überprüfung der in 2017 eingeführten Gesetzesänderungen einer Klärung bedürfen:
1. Wie ist der Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern zu definieren?
Diese Frage muss der EUGH beantworten. Es ist m.E. damit zu rechnen, dass die Definition nicht zu einer Änderung im
AÜG führt.
2. Entspricht die Wartezeit von 9 Monaten bis zur gesetzlichen Gleichstellung der EU-Richtlinie?
Da die EU-Richtlinie hier Spielraum lässt, wird sich auch hier m. E. nichts ändern.
3. Beachten Mantel-, Entgeltrahmen- und Entgelt-TV die Vorgaben der EU-Richtlinie?
Da die Verträge nicht nur das Entgelt sondern weitere Arbeitsbedingungen lösen, die zum Teil besser als bei manchen
Entleihern sind, ist der Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern hier gewährleistet. Es sind m.E. keine Änderungen nötig.
4. Entsprechen die Branchenzuschlagstarifverträge mit der Verlägerung der Wartezeit und der teilweise
deutlichen Unterschreitung der gesetzlichen Gleichstellung der EU-Richtlinie?
Die Begründung zur Verlängerung der Wartezeit dürfte standhalten, da eine schrittweise Angleichung an die Entlohnung
der Entleihbetriebe erfolgt. Ob aber eine deutliche Unterschreitung der gesetzlichen Gleichstellung EU-konform ist, könnte
m.E. fragwürdig sein. Dann müsste die gesetzliche Gleichstellung auch hier nach 15 Einsatzmonaten
erfolgen.
5. Reicht die einfache Inbezugnahme nicht tarifgebundener Unternehmen aus, um von der Gleichstellung
abzuweichen?
Eine Inbezugnahme wird m.E. weiterhin möglich sein, muss aber vollumfänglich sein.
6. Können Befristungen von Arbeitsverträgen durch den Zeitarbeitgeber zur Aufhebung des Gleichheits-
prinzip führen?
Hier gibt die EU-Richtlinie klare Vorgaben für eine Abweichung (s.o.). Bei befristete Arbeitsverträge ist m.E. eine
Abweichung von der gesetzlichen Gleichstellung ab dem ersten Einsatztag nicht möglich.
7. Können konzerneigene Zeitarbeitsfirmen vom Grundsatz der Gleichstellung abweichen?
M.E. nein, da der Gesamtschutz des Arbeitnehmers nicht gewährleistet ist.
8. Zeitarbeit ist vorübergehend einzusetzen. Muss die maximale Einsatzzeit nicht nur auf die Person,
sondern auch auf die von Zeitarbeit zu besetzenden Arbeitsplätzen des Entleihers bezogen
werden?
Momentan ist aus Sicht des Entleihers Zeitarbeit nicht vorübergehend, da ein Arbeitsplatz permanent mit verschiedenen Zeitarbeitnehmern besetzt werden kann.
Norbert Fuhrmann
Bestellter Sachverständiger
für Personaldienstleistungen